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Sozialrecht: Sozialgericht Dessau-Roßlau kippt Wittenberger Angemessenheitsrichtlinie für Wohnkosten

ALG-II-Bezieher sollten Widerspruch erheben

04.09.2012
Schindler Elmenthaler Rechtsanwälte

Die aktuelle Angemessenheitsrichtlinie des Landkreises Wittenberg für die Übernahme der Wohnkosten von ALG-II-Beziehern ist rechtswidrig. Das hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau in einem ersten Hauptsacheverfahren entschieden (Verfahren S 11 AS 2430/11, Urteil vom 17.08.2012).

Das Sozialgericht hält die Richtlinie für gravierend fehlerhaft. Teilweise sind Daten der Mieterhebung der vom Landkreis beauftragten Firma ungenügend erhoben oder günstige Wohnungen willkürlich herausgerechnet worden. Die Wohnungsmarkttypen, die den Landkreis in Gebiete mit verschieden hohen Mietgrenzen unterteilen, sind nicht korrekt festgelegt worden. Zudem hat der Landkreis nicht die Neuvermietungsangebote, sondern lediglich die bestehenden Mietwohnungen berücksichtigt, so das Gericht. Dadurch seien die Werte erheblich zu gering. Wohnungen zu den angegebenen Mieten seien deshalb gar nicht ausreichend verfügbar. Daher sind höhere Mietwerte, nämlich die Werte aus der Wohngeldtabelle, ersatzweise als Grenze anzuwenden.

Die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt unsere Rechtsauffassung: Das Wittenberger Jobcenter bewilligt zu geringe Wohnkosten. Die von uns in einer Vielzahl von Klagen geäußerten Bedenken teilt das Gericht. Die aktuelle Angemessenheitsrichtlinie begrenzt die Mieten von ALG-II-Empfängern in einer Höhe, die sie häufig gar nicht erfüllen können. Übrig bleiben ungedeckte Wohnkosten, die dann aus der Regelleistung mitfinanziert werden müssen.

Vor diesem Hintergrund raten wir allen Leistungsempfängern, die nicht die tatsächlichen Wohnkosten erhalten, ihre Bescheide zu überprüfen. Gegebenenfalls kann durch Widerspruch bzw. Überprüfungsantrag auch rückwirkend noch der Anspruch auf Übernahme weiterer Wohnkosten rechtlich durchgesetzt werden. Bei Details zur Sicherung Ihrer Ansprüche steht Ihnen die Kanzlei zur Verfügung.