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Bundesverfassungsgericht beschränkt Sanktionen im SGB II

Hartz IV-Leistungsminderungen der Jobcenter teilweise verfassungswidrig

06.11.2019
Rechtsanwalt Jörg Schindler

In einer in den Medien vielbeachteten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht erstmals grundsätzlich über einige Regelungen im SGB II geurteilt, die für Leistungsempfänger Kürzungen von Hartz IV vorsehen. Konkret regeln diese, dass bei bestimmten Pflichtverletzungen je nach Alter und Häufigkeit gestaffelt die Regelleistung für 3 Monate um 30, 60 oder 100% gekürzt werden muss. Darüber hinaus wird auch geregelt, dass bei wiederholten Pflichtverletzungen sogar die Wohnkosten sowie die Krankenversicherung nicht mehr von den Jobcentern übernommen werden. 

Das Bundesverfassungsgericht hält diese Regelungen in dreierlei Hinsicht für verfassungswidrig, da es gegen das grundgesetzliche Gebot der Menschenwürde und der Sozialstaatlichkeit verstößt: Zum einen hält es eine Kürzung um mehr als 30% der Regelleistung für verfassungswidrig. Verfassungswidrig ist nach der Entscheidung des Gerichts auch die zwingende Verhängung selbst dann, wenn durch die Sanktion die beabsichtigte Mitwirkung der Leistungsempfänger an ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gar nicht mehr erreicht werden kann. Zuletzt ist die zwingende Dauer der Sanktion über 3 Monate hinweg verfassungswidrig, wenn die Leistungsempfänger sich folgend doch noch entscheiden, an der geforderten Maßnahme mitzuwirken. 

Damit haben die vielfachen Bedenken gegen die Regelungen des SGB II in der sozialrechtlichen Rechtsprechung und auch unserer anwaltlichen Praxis nunmehr zumindest Gehör gefunden. Ein erheblicher Teil der verhängten Sanktionen dürfte sich deshalb als rechtswidrig erweisen. Allerdings bedarf es weiterhin einer konkreten Prüfung der Sanktionsbescheide. Sofern Sie von einer Sanktion des Jobcenter betroffen sind und sich hiergegen wenden wollen, vereinbaren Sie bitte einen Termin in unseren Rechtsanwaltsbüros in Berlin, Wittenberg, Dessau und Bremen.